Motocross

Motocross zwischen den Festtagen

„Okay, sage ich zu Bonnie, „es ist kalt heute. Da bleibst du besser zu Hause, ich …

„Ich bleib zu Hause?“ Bonnie schneidet mir das Wort ab. Sie versucht, den hochgeklappten Zentralständer auf den Boden zu knallen, der will aber nicht, der hängt gerade so schön in der Schwebe. Außerdem sind seine Scharniere klammer als klamm.
Bonnie flucht leise vor sich hin.
„Ich will zum Höchsten, und da …“
„Zum Höchsten von was, eh?“ Bonnie rasselt mit der Kette.
„Nun sei nicht kindisch, der Höchste ist der Höchste, jedenfalls zwischen Schwarzwald und dem Allgäu. Da weiß du doch“
„Was weißt du denn, was ich weiß – du Lehrer.“
Manchmal könnte ich ihr die Zündkerzen rausdrehen und mit dem Hammer drauf schlagen.
Ich dreh mich um.
„Was willste denn da oben? Ist doch öde und kahl.“
„Ich habe ein Date mit einer reifen Dame.“
„Die mit der schönen Nase?“
„Eben die.“
Bonnie gibt sich versöhnlich: „Na gut, Junge, die ist in Ordnung. Dann fahr man los.“

20 Minuten später. Den Wagen abgestellt und durch den Nebel hoch in den Sonnenschein.

Auf dem Höchsten. Von der Terrasse des Blockhauses ein weiter Blick über den See, auf der anderen Seite hebt sich der Säntis aus dem Nebel. Unter der weißen Decke ruht still und zufrieden der Bodensee mit seinen Felchen.

Was für ein Blick! Abheben, einfach abheben.
Aber auf dem Tisch der Feuerwehrkuchen. Der hält dich fest – und die reife Dame, die dir mit dem Glühwein zulächelt.


Und dann hebt sich der Nebel vom See und kriecht den Berghang hoch. Wir wischen die Krümel vom Mund und machen uns auf den Heimweg hinunter ins Tal.
Der Nebel nimmt zu.
Plötzlich ein Kreischen wie von tausend Kettensägen. Und schon schießen sie aus dem Nebel hervor –

lassen die Rasenplaggen fliegen –

brettern hoch in den Wald.

Motocross Treffen zwischen den Feiertagen.

Jana, die Jüngste, hat zu Weihnachten ihre erste Maschine bekommen.

Wir sind begeistert.
„Ach“, sagt die reife Dame, „man erlebt doch immer wieder etwas Neues.“
„So ist es“, sage ich, „und gerade, wenn …“
Der Satz wird mir vom Mund weggerissen. Mit einem Röhr und Fauch fegt ein Maschine über den Waldweg. Der Luftzug lässt mir meine drei Haare fliegen – und dann klappt mein Kinn nach unten.

„Bonnie, verdammt noch mal, was soll das? Bist du des Teufels? Das ist doch Wahnsinn, Unvernunft, britischer Schwachsinn, englischer …“
Mir geht die Luft aus, und Bonnie ist eh schon zwischen den Tannen verschwunden.

Erschüttert steigen wir ab zu unserem Auto. Ich sitze am Steuer und zittere. Was war das alles? Das ist doch nicht möglich.
Meine Frau stößt mich vorsichtig an. ‚“Wollen wir nicht endlich losfahren? Es wird kalt.“

Wir kommen nach Haus, parken das Auto neben der Bonnie. Einige keusche Erdkrümel verstecken sich unter ihrem Hinterrad.
Wir steigen aus, schauen die Bonnie an. Die lächelt zurück. „Schöne Tour gehabt?“
Ich gehe um die Maschine herum, sehe die eingesauten Reifen.
Bonnie verdreht verlegen ihre Fußrasten.
Ich würde Bonnie gerne etwas fragen, tue es aber nicht. Ich habe Angst vor der Antwort.

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