Pastéis de Nata
Ich wache auf. Im Zimmer riecht es nach Pinie und Backwerk. Hmmm, denke ich, hmmmm, ziehe mich an, steige in die Jeans, haue mir meinen antiken Jet Helm auf den wolligen – wie, wolligen? Aber ja doch, wolligen Kopf – und steh vor dem Haus. Da steht auch die Bonnie. Hallo, lange nicht mehr gesehen. Bom dia, sagt die, como está.
Muito bem, sage ich und fühle mich großartig. Seit wann spricht die Portugiesisch? Aber bei der Bonnie ist alles möglich. Die rezitiert auch Rilke, wenn sie dazu Lust hat. Vamos, sagt sie und wedelt mit dem Hinterteil. Ich steige auf, hau den Kickstarter nach unten und rumms, röhr, fauch, der Motor erwacht mit lautem Jubel zum Leben, um dann mit einem sonoren blob, blob, blob auf meine Befehle zu warten. Irgendwo in den Tiefen von etwas rumort die Frage: Wo kommt denn der Kickstarter her? Aber die Frage wird von einem deutlich Klack ausgeschalten. Der erste Gang greift dem Getriebe in die Seiten, der Drehgriff schickt die Benzinwolke in die beiden Vergaser, die Zündkerzen feuern und wir heben ab.
Ich gehe zum Kiosk. Es riecht leicht nach Zimt und Karamelpudding. Uma bica e um pastel de nata, faz favor. Die Bonnie steht unter einer Pinie, die sich irgendwie auf den Rossio in Lissabon verirrt hat. Oder steht sie vor der kleinen Bar Galeão in Portinho tief unterhalb der Arrábida?
Eine bica, ihr Aroma lässt jeden Espresso vor Neid grau werden. Zart senken sich die Zähne in den knisternden Blätterteig, der den karamellisierten Vanillepudding umgibt. Hmmm, stöhnt die Zunge.
An der Straße steht die Bonnie. Die mittelalterliche Dame, die wie meine Mutter lächelt, stellt noch eine Bica und noch ein Pastel auf den Tisch. Para la senhora, lächelt sie, às coisas que amamos.
Auf die Dinge, die wir lieben. Oh mein Gott, ist das alles schön.
Die mittelalterlich Dame steht wunderbar gejüngt auf der Praça de Camões in Castello Branco, groß steht sie da und strahlend, um sie herum rauscht wie in einem Gemälde eine bunte Menschenmenge. Dann hebt sie an mit rauer Männerstimme, dass sie die kleine Rosa einfach lieben muss: „Ó minha Rosinha eu hei-de te amar“.
Elke nimmt einen Schluck und probiert das Törtchen. Hmmm, sagt sie, dafür gehe ich mit dir bis an das Ende der Welt.
Die Bonnie schaut einer BMW in die Augen. Das ist ja die alte R 51/3, die in Lissabon auf den Straßenbahnschienen des Praça do Comércio immer ins Rutschen kam! Ach, dass man sich noch einmal wiedersehen darf.
Bonninha, rufe ich, que amigo bonito. Elke und ich versinken in unseren Pastéis, haken uns unter, steigen auf das Bonnie-BMW-Bike, das den Ort gar nicht lassen will, wir rollen die Straße herunter, treten den Gang ein und brummeln durch die Pinienwälder zwischen Castelo Branco und Guarda, rollen die endlos lange Straße zwischen Salamanca und Todesillas Richtung Heimat.
Ich wälze mich aus dem Bett, wische mir die Augen trocken, ich fühle mich wunderbar aufgehoben in einer Wolke von melancholischer Seligkeit.
Draußen fegt die Spatzenbande vom Hibiskus in die Tuja Hecke. Ein Rotkehlchen steht dort verloren herum, dann kommt noch eins. Das sieht schon besser aus. Ich hole zwei Laugencroissant vom Bäcker und bin enttäuscht, dass keine Pastéis de Nata in den Auslagen liegen.
Die mach ich heute selber. Vielleicht klappt‘s
Es hat geklappt, sagen wir mal zu 80%. Ich habe den Blätterteig nicht dünn genug einmassiert. Und die Backofenzeit muss korrigiert werden. Und meine Backformen aus weichen Aluminium müssen durch festere Formen ersetzt werden. Im Rezept habe ich diese Erfahrungen berücksichtigt.
Das Rezept findest du hier.
P
Schön geschrieben, wie immer! Diese Pasteis de Nata hatte ich letzten Sommer beim Bäcker gesehen, K&U, wenn ich mich nicht irre. Aber mit deinem Rezept kann ich die mal nachbauen.
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